Was bedeutet „FTO“?

Ich höre und lese immer wieder „FTO“, aber was ist das eigentlich? Christian P. aus München

Posted 8/20/2014

Eine „Freedom-to-Operate“- (Freiheit zum Wirtschaften) oder FTO-Analyse untersucht, wie sehr ein bestimmter Gegenstand schon von Schutzrechten betroffen ist.

In der Regel wird hierzu zuerst der Gegenstand genau bestimmt, den der Mandant untersucht haben will. Dies kann z.B. eine bestimmte pharmazeutische Zusammensetzung, die Verwendung eines Medikaments für eine bestimmte Erkrankung oder ein bestimmter Herstellungsprozess mit Zwischenprodukten sein.

Dann wird vom Patentanwalt, meist unter Hinzuziehung von professionellen Patentrechercheuren, ein Suchprofil erstellt, mit dessen Hilfe in zahlreichen Datenbanken ein Großteil der erfassten Patentliteratur (und ggf. auch Gebrauchsmusterliteratur) nach möglichen Übereinstimmungen untersucht wird. Bei dieser Suche können z.B. Suchwortkombinationen oder aber chemische Formeln vorgegeben werden, die dann elektronisch ausgewertet werden.

Dieses elektronisch recherchierte „Grobergebnis“ wird dann manuell durch den Patentanwalt nochmals bewertet und die wirklich relevanten „Treffer“ herausgefiltert. Dabei wird sowohl die Validität (d.h. Rechtsbeständigkeit) der Schutzrechte, als auch deren Schutzbereich in Bezug auf den vom Mandanten gewünschten Gegenstand bewertet.

Am Ende erhält der Mandant dann ein rechtliches Gutachten aufgrund dessen er z.B. bewerten kann, ob der Gegenstand schon von entsprechenden Schutzrechten umfasst ist oder wie wahrscheinlich es ist, dass zukünftige Anmeldungen zu Schutzrechten führen, die den Gegenstand umfassen könnten. Anhand dieser Analyse kann dann der Mandant entscheiden, ob er z.B. Lizenzen erwerben will, gegen bestimmte Schutzrechte rechtliche Schritte einlegt oder den Gegenstand, z.B. die Zwischenschritte in einem Herstellungsprozess, abändern will.

Eine FTO-Analyse bietet sich an, wenn man ein Produkt entwickeln und vermarkten will oder wenn man die Notwendigkeit von Lizenzen für bestimmte Produkte oder Herstellungsverfahren im Vorfeld klären will.

In manchen Jurisdiktionen ist es sogar verpflichtend regelmäßig FTO-Analysen durchzuführen, um sich nicht dem Vorwurf der fahrlässigen Verletzung schuldig zu machen.

Die FTO-Analyse gibt auch einen guten Überblick über die Ausrichtung  potentieller Mitbewerber in einem neuen Tätigkeitsfeld und bietet sich daher durchaus schon in einer frühen Phase eines Projektes an.

Die Aufgaben eines Patentanwalts

Die vielfältige und hochspezialisierte Arbeit der Patentanwälte verlangt eine der längsten Ausbildungen in Deutschland.

Die ca. 2.300 bundesdeutschen Patentanwälte sind Ingenieure oder Naturwissenschaftler mit einem abgeschlossenen Hochschulstudium, mehrjähriger Industriepraxis und einer dreijährigen juristischen Ausbildung.

Der Patentanwalt übt als Schutzrechts-Experte einen freien Beruf aus, und zwar an einer Schnittstelle unterschiedlicher Fachgebiete: zwischen Recht und Technik. Hier wirkt der Patentanwalt als sachkundiger Mittler, weil er im einschlägigen Recht genauso zu Hause ist wie in Wissenschaft und Technik.

Die Aufgaben des Patentanwalts erstrecken sich hierbei auf vielfältige Gebiete, wie z.B.:

  • Beratung zu Erfindungen, Marken, Design, Know-how, Schutz von Software, Sortenschutz
  • Anmeldung aller gewerblichen Schutzrechte national und international: Patente einschl. Europa-Patente, Gebrauchsmuster, Designs (Geschmacksmuster), Marken, Sortenschutzrechte, Halbleiterschutz
  • Vertretung vor dem Deutschen Patent- und Markenamt, dem Bundespatentgericht, dem Bundessortenamt, dem Europäischen Patentamt und anderen internationalen Behörden des gewerblichen Rechtsschutzes, sowie in besonderen Fällen auch vor dem Bundesgerichtshof
  • Überwachung von Schutzrechten und ihre Verwaltung (z.B. Einzahlung von Jahresgebühren)
  • Verfolgen von Schutzrechtsverletzungen; Auftreten vor allen einschlägigen Gerichten
  • Beratung und Vertretung in allen Angelegenheiten von Arbeitnehmer-Erfindungen
  • Beratung bei Lizenzverträgen einschl. Ausarbeitung
  • Durchführung von Recherchen und Erstellung von Dokumentationen
  • Anfertigung von Übersetzungen rechtlichen und technischen Inhalts

Werdegang

Mein Interesse an naturwissenschaftlichen Themen begann schon in früher Kindheit und erreichte 1996 einen ersten Höhepunkt mit dem Gewinn des „Karl-von-Frisch-Abiturientenpreis“ für herausragende Leistungen im Fach Biologie.

Mein Interesse für biologische Themen führte dementsprechend auch zu dem Entschluss ab Herbst 1997 an der J.W. v. Goethe Universität in Frankfurt/Main Biochemie zu studieren.

Während meines Studiums interessierte ich mich vor allem für das Gebiet der strukturellen Aufklärung von Proteinen, insbesondere mit Hilfe der Techniken NMR, Protein-Kristallographie und Kryo-Elektronenmikroskopie. Hierfür bot Frankfurt mit seinen vielfältigen Arbeitsgruppen ein ergiebiges Umfeld.

Zum Ende meines Studiums konnte ich dank meiner Förderung durch die Studienstiftung des Deutschen Volkes ein Jahr mit einem eigenen Projekt als Forschungsstudent am Wellcome Trust Centre for Human Genetics, Dept. Structural Biology in Oxford (England) in der Gruppe von Prof. Dr. Stuart arbeiten. Die dortige Arbeit befasste sich mit der strukturellen Aufklärung des Matrix-Proteins des murinischen Leukämie-Virus (MuLV). In dieser Zeit gelang mir die Aufklärung der dreidimensionalen Struktur des Proteins mit bis zu diesem Zeitpunkt unerreichter Genauigkeit von 1 Å (Riffel et al., Structure, Dec 2002, 10, 12).

Der Studienstiftung des Deutschen Volkes, dessen Stipediat ich von 1998 bis 2002 war, bin ich für die Ermöglichung dieses Forschungsjahres besonders dankbar und fühle mich bis heute als Ehemaliger mit der Stiftung verbunden.

Nach meinem Forschungsaufenthalt in Oxford beendete ich mein Studium in Deutschland mit einer Diplomarbeit am Max-Planck-Institut für Biophysik in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Kühlbrandt. Der Inhalt meiner Diplomarbeit war die Aufklärung der zweidimensionalen Struktur des bakteriellen, transmembranen, Transportportproteins BetP von Corynebacterium glutamicum. Gerade die Besonderheiten der schwierigen Strukturaufklärung bei Membranproteinen reizte mich an diesem Thema. Im Ergebnis gelang mir immerhin die Herstellung und erste Vermessung eines 2-dimensionalen Protein-Kristalls.

Mein Studium in Frankfurt beendete ich mit meiner Diplomprüfung in den Fächern Biochemie, Biophysik, Zellbiologie und Pharmakiologie, die ich mit einem Prädikats-Diplom abschließen konnte.

Danach begann ich 2003 mit der Anfertigung meiner Doktorarbeit am Max-Planck-Institut für Immunbiologie und Epigenetik in Freiburg i. Br. in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Boehm.

Diese Arbeit stellte einen bewussten thematischen Wechsel dar, weil ich meine strukturbiologischen und biochemischen Kenntnisse durch molekularbiologische und immunologische Kenntnisse zu erweitern suchte.

Ich beendete meine Doktorarbeit 2007 erfolgreich mit der genetischen und phänotypischen Beschreibung von mehreren Zebrafish-Mutanten, die einen genetischen Defekt in der Entwicklung ihrer Thymusdrüse aufweisen.

2007 begann ich meine Ausbildung als Patentanwalt, welche sowohl die praktische Arbeit in der Kanzlei Wallinger, Ricker, Schlotter, Foerstl in München, als auch das berufsbegleitende Studium „Recht für Patentanwälte“ am Kurt-Haertel-Institut für geistiges Eigentum der Fernuniversität Hagen umfasst. Nach erfolgreichem Abschluss des Studiums absolvierte ich eine neunmonatige Ausbildungszeit am deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) und dem Bundespatentgericht.

2010 legte ich dann erfolgreich die Deutsche Prüfung zum Patentanwalt ab und bin seit Oktober 2010 zugelassener Patentanwalt und als europäischer Vertreter für Marken und Geschmacksmuster eingetragen (registered European Trademark and Design Attorney).

2014 legte ich die europäische Prüfung zum Europäischen Vertreter (European Patent Attorney) erfolgreich ab und kann seitdem auch bei europäischen Patentanmeldungen tätig werden.

2019 erlangte ich das „Diplom on Patent Litigation in Europe“ beim Centre for International Intellectual Property Studies (CEIPI) in Straßburg ab. Dies erlaubt auch die Vertretung von Mandanten bei den Gerichten des Einheitspatent-Systems (UPC/UP), sofern das Einheitspatent in Kraft treten sollte (derzeit steht die Ratifizierung durch Deutschland noch aus).

Für 8 Jahre arbeitete ich bei einem großen französischen Pharma-Unternehmen als angestellter Patentanwalt.

Seit 2020 betreue ich wieder Mandanten direkt über meine Kanzlei und arbeite außerdem als „Of counsel“ in der Kanzlei Fuchs (https://www.fuchs-ip.eu/).

Außerdem halte ich seit inzwischen 7 Jahren Vorlesungen an der Universität Frankfurt und der Technischen Universität Darmstadt als Gastdozent zu patentrechtliche Themen.

Last, but not least bin ich auch bei Science4Life als Gutachter tätig und helfe dort ehrenamtlich dabei mit, dass Start-ups ihre Träume verwirklichen können. In dieser Tätigkeit bewerte ich auch regelmäßig Businesspläne und sorge für deren Verbesserung.

Die Schwerpunkte meiner Arbeit liegen in den Fachbereichen Biochemie, Biotechnologie, Pharmakologie, Molekularbiologie und Immunbiologie. Dort insbesondere im weiten Feld der antigen-bindenden Moleküle (wie z.B. Antikörper, Anticaline, Fusionsproteine, etc.).

Während meiner Ausbildung als Patentanwalt und späteren anwaltlichen Tätigkeit habe ich schon in einigen Verhandlungen vor deutschen Verletzungsgerichten (Landgerichte, Oberlandesgerichte), dem Bundespatentgericht, dem BGH und dem europäischen Patentamt teilgenommen.

Des Weiteren habe ich fundierte Erfahrungen in der Ausarbeitung von Patentanmeldungen, Bescheidserwiderungen, Einspruchs-, Beschwerde- und Nichtigkeitsschriftsätzen, sowie der Ausarbeitung von so genannten „Freedom-to-Operate“- und „Landscape“-Analysen also der Analyse der patentrechtlichen Situation in Bezug auf Mitbewerber.